Componisten/werken

Ludwig van Beethoven:

Het Heiligenstädter Testament

 

© Aart van der Wal, november 2004

 

für meine Brüder Carl und -------------------------------Beethoven

O ihr Menschen die ihr mich für Feindseelig störisch oder Misantropisch haltet oder erkläret, wie unrecht thut ihr mir, ihr wißt nicht die geheime ursache von dem, was euch so scheinet, mein Herz und mein Sinn waren von Kindheit an für das zarte Gefühl des Wohlwollens, selbst große Handlungen zu verrichten dazu war ich immer aufgelegt, aber bedenket nur daß seit 6 Jahren ein heilloser Zustand mich befallen, durch unvernünftige Ärzte verschlimmert, von Jahr zu Jahr in der Hoffnung gebessert zu werden, betrogen, endlich zu dem überblick eines dauernden Übels (dessen Heilung vieleicht Jahre dauren oder gar unmöglich ist) gezwungen, mit einem feurigen Lebhaften Temperamente gebohren selbst empfänglich für die Zerstreuungen der Gesellschaft, muste ich früh mich absondern, einsam mein Leben zubringen, wollte ich auch zuweilen mit einmal über alles das hinaussezen, o wie hart wurde ich dur[ch] die verdoppelte traurige Erfahrung meines schlechten Gehör's dann zurückgestoßen, und noch war's mich noch nicht möglich den Menschen zu sagen: sprecht lauter, schrejt, denn ich bin Taub, auch wie wär es möglich daß ich die Schwäche eines Sinnes angeben sollte, der bej mir in einem Vollkommenern Grade als bej andern sejn sollte, einen Sinn denn ich einst in der grösten Vollkomenheit besaß, in einer Vollkommenheit, wie ihn wenige von meinem Fache gewiß haben noch gehabt haben - o ich kann es nicht, drum verzeiht, wenn ihr mich da zurückweichen sehen werdet, wo ich mich gerne unter euch mischte, doppelt Wehe thut mir mein unglück, indem ich dabej verkannt werden muß, für mich darf Erholung in Menschliche Gesellschaft, feinere unterredungen, wechselseitige Ergießungen nicht statt haben, ganz allein fast nur so viel als es die höchste Notwendigkeit fodert, darf ich mich in gesellschaft einlassen, wie ein Verbannter muß ich leben, nach ich mich einer Gesellschaft, so überfällt mich eine heiße Ängstlichkeit, indem ich befürchte in Gefahr gesezt zu werden, meinen Zustand merken zu laßen - so war es denn auch dieses halbe Jahr, was ich auf dem Lande zubrachte, von meinen vernünftigen Ärzten aufgefodert, so viel als möglich mein Gehör zu schönen, kamm er fast meiner jezigen natürlichen Disposizion entgegen, obschon, vom Triebe zur Gesellschaft manchmal hingerissen, ich mich dazu verleiten ließ, aber welche Demüthigung wenn jemand neben mir stund und von weitem eine Flöte hörte und ich nichts hörte, oder jemand den Hirten Singen hörte, und ich auch nichts hörte, / solche Ereignisse brachten mir nahe an Verzweiflung, es fehlte wenig, und ich endigte selbst mein Leben - nur sie die Kunst, sie hielt mich zurück, ach es dünkte mir unmöglich, die Welt eher zu verlassen, bis ich das alles hervorgebracht, wozu ich mich aufgelegt fühlte, und so fristete ich dieses elende Leben - wahrhaft elend, einen so reizbaren Körper, daß eine etwas schnelle Verändrung mich aus dem Besten Zustande in den schlechtesten versezen kann - Geduld - so heist es, Sie muß ich nun zur führerin wählen, ich habe es - daurend hoffe ich, soll mein Entschluß sejn, aus zu harren, bis es den unerbittlichen Parzen gefällt, den Faden zu brechen, vielleicht geht's besser, vielleicht nicht, ich bin gefaßt - schon in meinem 28 Jahre gezwungen Philosoph zu werden, es ist nicht leicht, für den Künstler schwerer als für irgend jemand - Gottheit du siehst herab auf mein inneres, du kennst es, du weist, daß menschenliebe und neigung zum Wohlthun drin Hausen, o Menschen, wenn ihr einst dieses leset, so denkt, daß ihr mir unrecht gethan, und der unglückliche, er tröste sich, einen seines gleichen zu finden, der trotz allen Hindernissen der Natur, doch noch alles gethan, was in seinem Vermögen stand, um in die Reihe würdiger Künstler und Menschen aufgenommen zu werden - ihr meine Brüder Carl und sobald ich tod bin und professor schmid lebt noch, so bittet ihn in meinem Namen, daß er meine Krankheit beschreibe, und dieses hier geschriebene Blatt füget ihr dieser meiner Krankengeschichte bej, damit wenigstens so viel als möglich die Welt nach meinem Tode mit mir versöhnt werde - Zugleich erkläre ich euch bejde hier für die Erben des kleinen Vermögens, (wenn man es so nennen kann) von mir, theilt es redlich, und vertragt und helft euch einander, was ihr mir zuwider gethan, das wist ihr, was euch schon längst verziehen, dir Bruder Carl danke ich noch in's besondre für deine in dieser leztern spätern Zeit mir bewiesene Anhänglichkeit, Mein Wunsch ist, daß euch ein bessers sorgenloseres Leben, als mir, werde, emphelt euren Kindern Tugend, sie nur allein kann glücklich machen, nicht Geld, ich spreche aus Erfahrung, sie war es, die mich selbst im Elende gehoben, ihr Danke / ich nebst meiner Kunst, daß ich durch keinen selbstmord mein Leben endigte - lebt wohl und liebt euch; - allen Freunden danke ich, besonders fürst Lichnowski und professor schmidt - die Instrumente von fürst L. wünsche ich, daß sie doch mögen aufbewahrt werden bej einem von euch, doch entstehe deswegen kein streit unter euch, sobald sie euch aber zu was nützlicherm dienen können, so verkauft sie nur, wie froh bin ich, wenn ich auch noch unter meinem Grabe euch nüzen kann - so wär's geschehen - mit freuden eil ich dem Tode entgegen - kömmt es früher, als ich Gelegenheit gehabt habe, noch alle meine Kunst-Fähigkeiten zu entfalten, so wird es mir troz meinem Harten Schicksaal doch noch zu frühe kommen, und ich würde ihn wohl später wünschen - doch auch dann bin ich zufrieden, befrejt er mich nich von einem endlosen Leidenden Zustande? - komm, wann du willst, ich gehe dir müthig entgegen - lebt wohl und Vergeßt mich nicht ganz im Tode, ich habe es um euch verdient, indem ich in meinem Leben oft an euch gedacht, euch glücklich zu machen, sejd es - Ludwig van Beethoven. Heiglnstadt am 6ten october 1802.


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